Wer oder was sind die sogenannten Altverleger?

Grundwissen: Wer oder was sind die sogenannten Altverleger? 

Im Zusammenhang mit Tageszeitungen oder Zeitungen im Allgemeinen und auch mit der Geschichte der Presse taucht gelegentlich der Begriff Altverleger auf.

Aber wen oder was beschreibt dieser Begriff?

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Grundwissen: Wer oder was sind die sog. Altverleger?

Das Wort Altverleger beschreibt grundsätzlich einen ehemals aktiven Verleger. Je nach Zusammenhang wird das Wort aber in drei verschiedenen Bedeutungen verwendet. So kann ein Altverleger zum einen ein Verleger sein, der zwar nach wie vor Eigentümer des Verlags ist, die Führung aber auf Erben oder andere Nachfolger übertragen hat.

Diese Definition spielt in erster Linie in wirtschaftlicher und betrieblicher, aber nicht in publizistischer Hinsicht eine Rolle. Zum anderen kann ein Altverleger ein Verleger sein, der Eigentümer eines Verlags war und diesen Verlag verkauft hat.

In der dritten Bedeutung beschreibt der Begriff Altverleger Eigentümer von Verlagen, für die in der Nachkriegszeit ein Berufsverbot bestand.  

Altverleger als frühere Eigentümer von Verlagen

In der Bedeutung als Verleger, die als Eigentümer ihren Verlag verkaufen wollten, wurden Altverleger 2004 publizistisch relevant. Seinerzeit wollte der damalige Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement das Pressefusionsrecht modifizieren. Seine Pläne sahen vor, dass Zeitungsfusionen auch dann erlaubt werden sollten, wenn ein Gesamtumsatz von mehr als 50 Millionen Euro erzielt und sich durch die Fusion eine marktbeherrschende Stellung ergeben würde.

Allerdings sollten solche Zeitungsfusionen an drei Voraussetzungen geknüpft sein. So sollte erstens sichergestellt sein, dass die gekauften Zeitungen langfristig als eigenständige Publikationen erhalten bleiben.

Zweitens sollte es die sogenannte Altverleger-Klausel geben, nach der 25 Prozent des Stimmrechtsanteils beim ehemaligen Eigentümer oder einem Dritter bleiben sollten. Als dritte Voraussetzung sollte der Käufer weder über die Titelrechte noch über die alleinigen Bestimmungsrechte zur inhaltlichen Ausrichtung verfügen.

Bei größeren Verlagen stießen die Pläne weitgehend auf Zustimmung. Kleinverlage und Medienwissenschaftler hingegen waren von dem Versuch, die Presse auf diese Weise zu konzentrieren, wenig angetan. Mit dem Machtwechsel wurden die Pläne der rot-grünen Regierung schließlich aufgegeben. 

Altverleger, für die in der Nachkriegszeit ein Berufsverbot bestand

Nach dem Zweiten Weltkrieg bezeichnete der Begriff Altverleger solche Verleger, für die die alliierten Militärverwaltungen wegen der Verbindungen zum NS-Staat Berufsverbote verhängt hatten. In der Nachkriegszeit sollte eine neue, demokratische Presse aufgebaut werden, an der diese traditionellen Verleger nicht beteiligt werden sollten.

Daher erhielten die Altverleger die Lizenzen, die für die Herausgabe von Zeitungen erforderlich waren, nicht. Im Westen Deutschlands hatte dieses Berufsverbot nur bis zur Einführung der Pressefreiheit Bestand, im Osten Deutschlands hingegen endete es erst 1990. 

Altverleger in Westdeutschland

Infolge des verhängten Berufsverbots durften westdeutsche Altverleger zwischen 1945 und 1949 keine Tageszeitungen herausgeben. Während viele von ihnen deshalb nur Anzeigenblätter druckten, war die Tagespresse fest in der Hand der neuen Lizenzzeitungen.

Insbesondere im amerikanischen Besatzungsgebiet sahen sich viele Altverleger dazu gezwungen, ihre Druckereien an die Verleger zu verpachten, die über Lizenzen verfügten. Gleichzeitig wuchs der Unmut darüber, dass die Altverleger nicht mehr als Verleger von Tageszeitungen tätig werden durften. In den drei Westzonen schlossen sich die Altverleger deshalb zu Vereinigungen zusammen, deren wesentliche Ziele darin bestanden, eine Aufhebung des Lizenzzwangs zu erreichen und ihre Zeitungsbetriebe wieder zurückzubekommen.

1948 wurde schließlich die “Arbeitsgemeinschaft für Pressefragen e.V.” als zentrale Altverlegervereinigung in Westdeutschland gegründet, der 150 Altverleger beitraten. Trotz aller Bemühungen blieb das Berufsverbot aber bis 1949 bestehen. Bereits im Mai 1949 war zwar das Grundgesetz verkündet worden, das die Pressefreiheit mit Artikel 5 garantiert.

Aber das Gesetz Nr. 5, das die Alliierten Hohe Kommission erlassen hatte und das jedem erlaubte, Zeitungen, Zeitschriften und andere regelmäßige Schriften ohne vorhergehende Genehmigung zu veröffentlichen, trat erst Ende September 1949 in Kraft. Daraufhin nahmen die Altverleger ihre Tätigkeit wieder auf und es dauerte nur wenige Wochen, bis hunderte von traditionellen Zeitungen, die während der NS-Herrschaft oder der Besatzherrschaft verboten worden waren, wieder erschienen.

Schon am 01. September 1949 war die “Arbeitsgemeinschaft für Pressefragen e.V.” als zentrale Altverlegervereinigung in den “Verein Deutscher Zeitungsverleger” umbenannt worden. 1954 schloss sich dieser Verband dann mit der Organisation der neuen Lizenzverleger zum “Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger e.V.”, kurz BDZV, zusammen.  

Altverleger in Ostdeutschland

Ähnlich wie die Westmächte gab auch die sowjetische Besatzungsmacht den Verlegern eine Mitschuld am Nationalsozialismus. In der Pressegeschichte wird im Zusammenhang mit der Ausschaltung der ostdeutschen Altverleger deshalb von einem Schritt gesprochen, der schnell und konsequent durchgeführt und im Mai 1945 bereits beendet gewesen sein soll.

In der Tat gab es zahlreiche Altverleger, die enteignet wurden, nicht wenige wurden aber auch interniert oder ermordet. Trotzdem gab es auch in Ostdeutschland viele Verleger, die bis zum Ende der 1940er-Jahre Anzeigenblätter drucken konnten, vereinzelt brachten sie im Sommer 1945 sogar Tageszeitungen heraus. Nach der Gründung der DDR wurden die Altverleger dann aber in den 1950er-Jahren endgültig ausgeschaltet.

Wie im Westen schlossen sich auch in der DDR Altverleger zu einer Vereinigung zusammen. Der „Verband der Mittel- und Ostdeutschen Zeitungsverleger“, kurz VMOZV, bestand bei seiner Gründung im Jahre 1952 aus acht Altverlegern. Bereits drei Monate nach der Gründung war die Mitgliederzahl aber schon auf 63 gestiegen und bis 1955 waren 137 Altverleger beigetreten. Der VMOZV baute seine politische Vertretung jedoch nicht in der DDR auf, sondern war als eigener Verband dem westdeutschen „Verband Deutscher Zeitungsverleger“ beigetreten.

Da immer wieder spekuliert wurde, dass Deutschland Mitte der 1950er-Jahre wiedervereint wird, kümmerte sich der VMOZV unter anderem darum, dass ehemalige ostdeutsche Tageszeitungen als Exilzeitungen herausgegeben wurden, um die Verbreitung in den alten Gebieten nach einer Wiedervereinigung fortführen zu können.

Aus diesem Grund wurden beispielsweise die Magdeburgische Zeitung in Speyer und die Leipziger Neuesten Nachrichten in Frankfurt am Main gedruckt. Als jedoch klar wurde, dass es zu keiner Wiedervereinigung kommen würde, kam auch die Verbandsarbeit der ostdeutschen Altverleger zunehmend zum Erliegen.

1990 versuchten einige Altverleger zwar noch einmal, in den neuen Bundesländern Fuß zu fassen. Gegen die sozialistischen Verlage, die nach 1945 gegründet und nach 1990 weitgehend von westdeutschen Verlagen aufgekauft worden waren, konnten sie sich aber nicht durchsetzen. 1991 wurde der VMOZV schließlich aufgelöst.

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