Wann hat ein Beitrag die richtige Länge?
Der Journalist möchte oder soll einen Artikel verfassen. Nachdem das Thema feststeht, arbeitet er sich in die Materie ein, recherchiert Informationen und überprüft die Quellen. Er sucht passendes Bildmaterial zusammen und erstellt in einer groben Gliederung das Grundgerüst für den Beitrag. Anschließend widmet er sich dem Schreiben und freut sich, als ein in sich stimmiger und aussagekräftiger Text fertig ist. Doch eine Sache hat der Journalist nicht bedacht: die Textlänge.
Wann hat ein Beitrag die richtige Länge?
Je nachdem, für welches Medium der Journalist schreibt und wie sein Auftrag lautet, kann gut sein, dass sowohl das Thema als auch die Länge vorgegeben sind. Dabei ist entweder eine konkrete Wort- oder Zeichenzahl vereinbart. Oder es gibt einen Rahmen, in dem sich die Anzahl der Wörter oder Zeichen bewegen muss. Bestehen solche Absprachen, stellt sich die Frage nach der Textlänge natürlich nicht.
Anders sieht es aus, wenn der Journalist frei einen Beitrag verfasst, den er Redaktionen anbieten möchte. Hier ist es oft so, dass Artikel länger ausfallen, als es eine Veröffentlichung besonders in Printmedien zulässt.
Der Journalist macht sich darüber aber mitunter wenig Gedanken. Schließlich ist ein klassischer Zeitungsartikel ohnehin nach dem Prinzip der umgekehrten Pyramide aufgebaut.
Auch als Trichteraufbau bezeichnet, startet der Beitrag dabei mit den wichtigsten Informationen. Alle Aussagen und Erläuterungen, die im weiteren Verlauf des Textes folgen, nehmen stetig an Bedeutung ab. Der zuständige Redakteur kann den Beitrag deshalb problemlos kürzen. Der Leser erfährt die entscheidenden Informationen trotzdem.
Die Praxis zeigt aber, dass ein Text, der von vorneherein in der richtigen Länge eingereicht wird, weit bessere Chancen auf eine Veröffentlichung hat. Denn es kostet Zeit, Beiträge zu kürzen oder andersherum zu verlängern. Zeit ist in den Redaktionen aber ein knappes Gut. Deshalb bekommen Artikel, die ohne große Überarbeitung direkt in den Druck gehen können, meist den Vorzug.
Doch damit bleibt die Frage, wann der Journalist denn nun die richtige Länge für seinen Beitrag gefunden hat. Eine pauschale Antwort darauf gibt es nicht. Ob ein Artikel länger oder kürzer sein sollte, hängt von verschiedenen Faktoren ab.
Der Journalist sollte sich an folgenden Punkten orientieren:
Inhalt
Redaktionelles Konzept des Mediums
Am besten noch bevor er mit dem Schreiben beginnt, sollte sich der Journalist überlegen, wo er seinen Beitrag unterbringen möchte. Eine Tageszeitung hat ein anderes redaktionelles Konzept als das lokale Anzeigenblatt oder eine Zeitschrift.
Während eine Zeitung ein Thema vielleicht in einer kurzen Meldung abhandelt, macht eine Zeitschrift womöglich eine längere Reportage daraus.
Der Journalist sollte also passende Printmedien für sein Themenfeld durchblättern und sich einen Überblick verschaffen, an welcher Stelle und in welcher Form vergleichbare Beiträge veröffentlicht werden. Daran kann er sich orientieren, um die richtige Textlänge zu wählen.
Relevanz für den Leser
Natürlich möchte der Journalist immer Artikel verfassen, die auf Interesse beim Leser stoßen und ihm einen Mehrwert bieten. Aber es gibt eben Themen, die für den Leser mehr Relevanz haben als andere Inhalte. Berichte über bahnbrechende Innovationen, exklusive Storys über Prominente oder Tipplisten zu zeitgemäßen Alltagsthemen sind klassische Beispiele.
Behandelt der Journalist ein Thema, für das sich sehr viele Leser interessieren und das in dieser Form nicht schon zigmal durch die Medien gegangen ist, rückt die Länge des Beitrags in den Hintergrund. Für die Redaktion wird dann wichtiger sein, dass der Artikel gut geschrieben ist und alles Wesentliche vermittelt.
Bildmaterial
Ähnlich wie im Internet werden auch in den Printmedien aussagekräftige Bilder immer wichtiger. In den klassischen Publikumsmedien haben Artikel ohne Bebilderung gegenüber Beiträgen mit ansprechenden Fotos oder informativen Grafiken das Nachsehen.
Je länger ein Text ist, desto mehr Bilder braucht er als optische Auflockerung. Doch Bilder nehmen Platz in Anspruch. Denn sie müssen in einer gewissen Größe abgedruckt werden, damit sie zu erkennen sind.
Der Journalist sollte also buchstäblich im Blick behalten, wie viel Fläche sein Beitrag füllt, wenn Text und Bilder zusammenkommen.
Reichweite
Eine kompakte Meldung, ein kurzer Bericht oder ein griffiger Tipp haben grundsätzlich bessere Chancen auf eine Veröffentlichung als eine Story über mehrere Seiten. Trifft ein langer Beitrag den Geschmack der Redaktion und entschließt sie sich dazu, ihn abzudrucken, wird sie in aller Regel Exklusivrechte einfordern.
Das heißt für den Journalisten, dass er für sich abwägen muss, was ihm wichtiger ist. Möchte er lieber mit kürzeren Texten in mehreren Medien vertreten sein? Oder ist ihm ein prominent platzierter Beitrag an einer Stelle lieber, auch wenn er damit weniger Reichweite in Kauf nimmt?
Ein letzter Tipp
Hinter einem Artikel steckt viel Arbeit. Immerhin muss sich der Journalist in das Thema einarbeiten, Daten und Informationen zusammentragen und Quellen ausfindig machen. Danach gilt es, den Text zu schreiben, daran zu feilen, ihn zu perfektionieren und nicht zuletzt auch Korrektur zu lesen.
Wenn der Journalist schon so gut im Thema ist, kann eine Überlegung sein, den Beitrag in zwei Versionen zu verfassen. Dabei kann sich die ausführliche Variante in einer Größenordnung von rund 2.000 Zeichen bewegen.
Die zweite Variante kann der Journalist als Zusammenfassung gestalten, die die wesentlichen Informationen auf den Punkt bringt und nicht länger ist als etwa 600 Zeichen. Reicht er beide Textversionen ein, kann die Redaktion selbst entscheiden, ob und welchen Beitrag sie veröffentlichen will.
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