Was gehört alles zur Recherche? 3. Teil

Was gehört alles zur Recherche? 3. Teil

Ein informativer Artikel mit einer griffigen Schlagzeile und einer spannenden Geschichte mit nützlichen, für den Leser relevanten Inhalten steht ganz am Ende der Arbeit eines Journalisten. Davor steht die Recherche an, die tatsächlich den Hauptanteil der journalistischen Arbeit ausmacht. Ohne Informationen und Daten, die zusammengetragen und überprüft sind, kann der Journalist schließlich gar keinen Artikel schreiben.

Anzeige

Was gehört alles zur Recherche 3. Teil

Damit stellt sich aber die Frage, was alles zur Recherche gehört. Wie kommt der Journalist an Informationen? Und wie sollte er mit ihnen verfahren?

In einer Beitragsreihe schauen wir uns die Recherche einmal genauer an. Dabei haben wir im 1. Teil erklärt, welche Formen der Recherche es gibt. Außerdem haben wir mögliche Quellen und die Anforderungen an Informationen genannt. Im 2. Teil haben wir uns mit dem Handwerkszeug für die Recherche befasst.

Hier ist der 3. und letzte Teil!:

Die 1-2-3-Regel

In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass ein Informant anonym bleiben will. So kann zum Beispiel ein Mitarbeiter einer Behörde Angst um seinen Arbeitsplatz haben, wenn er öffentlich Vorwürfe gegen den Amtsleiter erhebt. Oder das Opfer einer Straftat kann Vergeltung fürchten, wenn es sich zum Täter und den Hintergründen äußert.

In solchen Fällen muss der Journalist zunächst die Glaubwürdigkeit seines Informanten prüfen. Ist dieser glaubwürdig, kann der Journalist die Angaben verwerten.

Im Artikel kann der Journalist dann einen Hinweis wie „Nach Informationen dieser Zeitung …“ einfügen. Voraussetzung ist aber natürlich immer, dass die Informationen auch tatsächlich existieren. Einfach irgendwelche Informanten zu erfinden, ist ein absolutes Tabu.

Daneben sollte sich der Journalist immer darüber im Klaren sein, dass der Informantenschutz oberste Priorität hat. Hat der Journalist seinem Informanten Schutz zugesichert, muss er diesen einhalten.

Selbst wenn der Pressesprecher, ein ranghoher Politiker, ein Interviewpartner oder wer auch immer Druck ausübt, droht oder seine Aussage beleidigt verweigert. Wenn der Journalist sein Wort gibt, muss er dabei bleiben.

Zum Informantenschutz wird im Journalismus die sogenannte 1-2-3-Regel angewendet.

Als gebräuchliches Instrument wissen alle Beteiligten, also Journalisten, Pressesprecher, Politiker, Unternehmen und andere Personen, die regelmäßig mit der Presse zu tun haben, was gemeint ist:

Informationen unter „1“ sind frei verfügbar und der Journalist darf seine Quelle nennen.

Weist ein Informant im Gespräch darauf hin, dass die Information unter „2“ war, möchte er nicht genannt werden. In diesem Fall umschreibt der Journalist seine Quelle mit einer Angabe wie „Nach unseren Informationen“ oder „Wie aus gut unterrichteten Kreisen zu hören war“. Allerdings sollte der Journalist immer auch bedenken, dass der Informant bestimmte Interessen verfolgt, wenn er seine Informationen weitergibt. Aus diesem Grund sollte der Journalist die Angaben nicht einfach nur übernehmen, sondern so weit wie möglich überprüfen.

Handelt es sich um Informationen unter „3“, darf der Journalist sie nicht verwenden. Solche Informationen dienen meistens dazu, den Journalisten über die Hintergründe aufzuklären, damit er einen Sachverhalt nachvollziehen und richtig einordnen kann. Den Wunsch des Informanten zu respektieren, ist ein ungeschriebenes Gesetz. Hält sich der Journalist nur ein einziges Mal nicht daran, hat er das Vertrauen seiner Quelle verspielt und wird von ihr keine Informationen mehr bekommen.

Im journalistischen Alltag wird leider immer wieder gegen die 1-2-3-Regel verstoßen. Auf der anderen Seite gibt es Informanten, die Fakten nicht veröffentlicht wissen möchten, weil sie sich auf diese Weise die Presse zum Komplizen machen wollen.

Besucher lesen auch gerade folgenden Beitrag:  7 Tipps für die Recherche bei heiklen Themen, 2. Teil

Deshalb sollte der Journalist in jedem Einzelfall abwägen, ob es nicht besser ist, speziell auf Informationen unter „3“ zu verzichten und zu versuchen, diese Angaben auf einem Weg zu bekommen, auf dem er sich der Quelle gegenüber nicht zum Stillschweigen verpflichtet.

Was gehört alles zur Recherche 3. Teil (1)

„Audiatur et altera pars“

Dieser Rechtsgrundsatz aus dem alten Rom gilt auch für Journalisten. Er besagt, dass die andere Seite stets genauso gehört werden sollte. So gut wie jedes Thema hat mindestens zwei Seiten. Der Journalist sollte immer darum bemüht sein, alle Beteiligten zu Wort kommen zu lassen.

Angenommen, in einem Restaurant bleiben die Gäste aus und die bisher sicheren Aufträge, die kulinarische Versorgung bei offiziellen Anlässen zu übernehmen, fallen plötzlich weg.

Der Gastronom behauptet nun, der Bürgermeister würde ihn benachteiligen, weil er für die gegnerische Partei im Stadtrat sitzt. Das klingt zwar nach einer guten Story für die Zeitung, rechtfertigt aber noch lange keine Schlagzeile im Stil von „Falsche Partei: Bürgermeister XY verschmäht das Schnitzel“.

Denn der Bürgermeister wird die Geschichte womöglich ganz anders erzählen. Er erklärt vielleicht, dass das Essen zu teuer wurde oder keine gute Qualität hatte. Eventuell gab es sogar Beschwerden von Leuten, denen beim letzten Mal nach dem Essen übel gewesen wäre.

Denkbar ist aber auch, dass der Bürgermeister eine Stellungnahme verweigert. Dann kann der Journalist die Behauptung des Gastronomen zitieren und angeben, dass sich der Bürgermeister nicht zur Sache äußern wollte.

Anschließend muss aber das folgen, was eine gute Recherche ans Licht gebracht hat.

Hier wird es dann darum gehen, ob andere Unternehmer im Stadtrat ähnliche Vorwürfe erheben, es bei offiziellen Anlässen Zwischenfälle gab oder welchen Ruf das Restaurant und der Bürgermeister genießen. So entwickelt sich eine Story, die verschiedene Blickwinkel einbezieht und Hintergründe aufdeckt.

Recherche im Internet

Durch das Internet kann der Journalist schnell und einfach auf verschiedenste Informationen zurückgreifen.

Dabei liefert das Netz Informationen auf verschiedenen Wegen:

Die Regierung, Verwaltungen, Behörden, Institutionen, Verbände und Unternehmen haben eigene Internetseiten. Hier stehen zum einen allgemeine Informationen zur Verfügung. Zum anderen gibt es oft einen Bereich, in dem Meldungen speziell für die Presse hinterlegt sind.

Über das Internet sind zahlreiche Datenbanken und Archive abrufbar, so zum Beispiel mit wissenschaftlichen Beiträgen aus Fachzeitschriften, Studien, Statistiken oder Gerichtsurteilen.

Mittels Suchmaschinen und Katalogen kann der Journalist gezielt nach Informationen zu bestimmten Stichworten suchen.

In Foren, Newsgroups und den sozialen Medien findet ein Austausch über alle erdenklichen Themen statt.

Nachrichtendienste liefern aktuelle Meldungen.

Auch wenn die Online-Recherche vieles leichter macht, sollte der Journalist die Informationen nicht ungeprüft übernehmen.

Denn im Internet kann letztlich jeder irgendwelche Meldungen veröffentlichen und Behauptungen verbreiten. Aus diesem Grund sollte der Journalist mindestens eine weitere Quelle bemühen, um den Wahrheitsgehalt zu prüfen. Noch besser ist, wenn er eine Nicht-Internet-Quelle findet, die die Informationen bestätigt.

Besucher lesen auch gerade folgenden Beitrag:  3 Fragen zum Nebenjob als freier Journalist

Mehr Ratgeber, Tipps und Anleitungen:

Anzeige

Thema: Was gehört alles zur Recherche? 3. Teil

-

Übersicht:
Fachartikel
Verzeichnis
Über uns


medien presse99

Autoren Profil:
FB/Twitter

Veröffentlicht von

Autoren Profil:

Hier schreiben Wolfgang Stocker, freier Journalist, Sabine Lankmann, - Inhaberin Medienagentur, Heiko Rieder, 44 Jahre - Journalist und Christian Gülcan - Inhaber Artdefects Media Verlag (2009 Presseausweis/ DJV) und Ferya Gülcan - Inhaberin Onlinemedien-Agentur. Wir möchten Wissenswertes über die Pressearbeit und Journalismus vermitteln, sowie einen Überblick über die Medienlandschaft in Deutschland geben.

Kommentar verfassen