Was gehört alles zur Recherche? 1. Teil

Was gehört alles zur Recherche? 1. Teil

Die Recherche macht den Großteil der Arbeit eines Journalisten aus. Dabei bedeutet Recherchieren, interessante Themen zu finden, Informationen zusammenzutragen, vorliegende Angaben zu überprüfen und die Erkenntnisse zu vervollständigen. Aber stimmt das so wirklich? Oder anders gefragt: Was gehört tatsächlich alles zur Recherche? In einer Beitragsreihe geben wir Antworten!

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Was gehört alles zur Recherche 1. Teil

Die Quellen der Informationen

Jeder, der Informationen über die Medien verbreitet, muss sich die Frage gefallen lassen, woher er das alles überhaupt weiß. „Bürgermeister XY erschien betrunken zur Grundsteinlegung des neuen Rathauses“ oder „Unternehmen Z plant den Abbau von mindestens 100 Stellen“ könnte durchaus sein.

Doch sobald etwas in der Zeitung steht, wird aus einem Gerücht eine handfeste Information. Stellt sich dann heraus, dass sie falsch ist, muss sich der Journalist dafür verantworten und auch die rechtlichen Folgen tragen.

„Ich habe da so etwas gehört“ hilft niemandem weiter. Informationen müssen gut recherchiert, umfassend zusammengestellt und abgesichert sein. Das gilt auch dann, wenn die Gefahr besteht, dass die Story platzen könnte.

Genau das ist aber längst nicht selbstverständlich. Selbst gestandene Profis haben manchmal die Sorge, eine Geschichte tot zu recherchieren, und brechen die Recherche zugunsten eines spektakulären Artikels ab, selbst wenn dieser inhaltlich vielleicht nicht ganz korrekt ist.

Aber der investigative Journalismus, der brandheißen Skandalen auf die Spur kommen will, ist nur eine Spielart.

Oft reicht es schon aus, zum Beispiel Betroffene zu befragen, mit Politikern, Beamten oder Pressesprechern zu sprechen oder in einem Lexikon nachzulesen.

Weitere Quellen, die Informationen liefern und zur Grundlage für einen Artikel werden können, sind unter anderem:

  • Pressemitteilungen von Verwaltungen, Unternehmen, Verbänden, Vereinen und anderen Organisationen
  • Pressetermine, Pressekonferenzen, Versammlungen, Sitzungen und ähnliche Veranstaltungen
  • persönliche Hinweise, gezielte Tipps und eigene Recherchen
  • andere Medien wie Zeitungen, Zeitschriften, Radio- oder Fernsehsender aus anderen Regionen

Damit die Redaktion nicht im Chaos versinkt, sollte eingehendes Material sofort gesichtet und bewertet werden. Weit über 90 Prozent wandern direkt wieder in den Papierkorb, weil die Themen inhaltlich nicht passen oder aus Platzgründen nicht beachtet werden können.

Was übrig bleibt, wird an die zuständigen Ressorts weitergeleitet oder nach Datum sortiert abgelegt. Dabei setzt die Bewertung des Materials neben Fachkenntnissen, Erfahrung und Routine vor allem Wissen über die Zielgruppe voraus.

Denn am Ende zählt, ob eine Information die Leser interessiert und einen Nutzen für sie hat.

 

Verschiedene Formen der Recherche

Wichtig ist also, dass jede Information auf ihren Wahrheitsgehalt hin überprüft wird. An dieser Stelle meint Recherche, dass Informationen nutzbar gemacht, differenziert, verifiziert oder überhaupt erst gesammelt werden.

Je nachdem, welche Absichten der Journalist verfolgt, werden deshalb verschiedene Formen der Recherche voneinander unterschieden:

Überprüfungsrecherche

Der Journalist hat ein Gerücht aufgeschnappt und möchte diesem auf den Grund gehen. Ist an dem Gerücht etwas dran? Steckt womöglich noch mehr dahinter? Wer könnte etwas darüber wissen?

Der Journalist sollte dabei immer auch die Glaubwürdigkeit seiner Quellen prüfen. Denn jede Aussage, jede Tatsache und jedes Zitat muss zurückverfolgt werden können.

Die Überprüfungsrecherche findet auch bei Behauptungen Anwendung. Dabei ist eine Behauptung mehr als nur ein Gerücht. Sie kann zum Beispiel in der Rede eines Politikers aufgestellt worden sein oder in einer Pressemitteilung stehen.

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Doch auch hier ist die Prüfung wichtig:

Wie wird die Behauptung belegt? Könnten die Fakten auch anders interpretiert werden? Wurden alle Daten und Zahlen richtig und vollständig wiedergegeben oder blieb wichtiges Material unerwähnt, um einen anderen Eindruck zu wecken?

 

Nachrecherche

Die Nachrecherche kommt zum Tragen, wenn eine Story schon läuft, aber noch mehr Material benötigt wird.

Wer könnte noch etwas dazu beisteuern? Wie erging es den Beteiligten? Welche Folgen hatte die erste Veröffentlichung? Gibt es inzwischen neue Erkenntnisse?

Was gehört alles zur Recherche 1. Teil (1)

Informationssuche

Diese Form der Recherche dürfte am häufigsten vorkommen. Beim Studium verschiedener Quellen hat der Journalist ein Thema gefunden, über das er berichten will. Angenommen, es soll um Mobbing auf dem Schulhof gehen.

Also befragt der Journalist Schüler, ob sie schon solche Erfahrungen gemacht haben. Außerdem erkundigt er sich bei älteren Lehrern, ob sie festgestellt haben, dass sich die Situation verschlimmert hat. Auch den Schulrat und den Schulpsychologen kann er um eine Stellungnahme bitten.

Zusätzlich dazu kann er den Blick erweitern und Vergleiche ziehen: Wie sieht es an anderen Schulen aus? Was beeinflusst die Situation? Ist Mobbing an Brennpunkten ein größeres Problem als in idyllischen Vororten? Oder ist es vielleicht genau andersherum?

Die Relevanz

Es reicht nicht aus, einfach nur Informationen zusammenzutragen. Vielmehr müssen die Informationen weitere Anforderungen erfüllen:

Glaubwürdigkeit: Sind die Informationen wahr? Ist mein Informant neutral oder befangen? Eine Gegenrecherche hilft hier oft weiter. Wenn zum Beispiel ein Lehrer eine Behauptung aufstellt, kann der Journalist das Schulamt kontaktieren. Dieses kann die Behauptung bestätigen oder bestreiten.
Verständlichkeit: Reichen meine bisherigen Informationen aus, um den Sachverhalt verständlich und nachvollziehbar zu schildern? Kann ein Leser den Ausführungen folgen oder muss ich tiefer ins Detail gehen?
Relevanz: Welche Bedeutung haben die Informationen für meine Zielgruppe? Ist das Thema für die Leser überhaupt von Interesse? Haben die Leser etwas davon, wenn sie diese Informationen erhalten?

Im angelsächsischen Journalismus gilt die Regel, dass jede Information von zwei unabhängigen Quellen bestätigt werden muss. Erst dann gehört sie zu den News, die gedruckt werden. In Deutschland wird das in dieser Form oft leider nicht gehandhabt.

Mehr Ratgeber, Tipps und Anleitungen:

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Hier schreiben Wolfgang Stocker, freier Journalist, Sabine Lankmann, - Inhaberin Medienagentur, Heiko Rieder, 44 Jahre - Journalist und Christian Gülcan - Inhaber Artdefects Media Verlag (2009 Presseausweis/ DJV) und Ferya Gülcan - Inhaberin Onlinemedien-Agentur. Wir möchten Wissenswertes über die Pressearbeit und Journalismus vermitteln, sowie einen Überblick über die Medienlandschaft in Deutschland geben.

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