7 Tipps für die Recherche bei heiklen Themen, 2. Teil
Ein Journalist braucht Informationen, Daten und Fakten, Anders ist eine Berichtserstattung unmöglich. Doch gerade bei heiklen Themen gestaltet sich die Recherche mitunter sehr schwierig.
Manchmal steckt weit mehr hinter einer Story, als zunächst gedacht. Doch je mehr Ungereimtheiten auftauchen, desto schwerer wird es, Informationen zu bekommen. Zunächst gesprächsbereite Personen sind plötzlich nicht mehr zu erreichen, Interviews werden abgesagt, Unterlagen zurückgehalten und Anfragen nicht beantwortet.
Was als Zurückhaltung begann, verdichtet sich zunehmend zu einer Mauer des Schweigens.
Der Journalist muss sich also etwas einfallen lassen, um an Informationen zu kommen. Denn er kann nicht nur über Themen berichten, die angenehm oder erfreulich und leicht zu recherchieren sind. Stattdessen hat die Öffentlichkeit einen Anspruch auf umfassende Informationen.
Und dazu gehören eben auch schwierige Themen und heikle Sachverhalte, die bei der Recherche mehr Engagement erfordern. Wobei gerade Schwierigkeiten erst recht den Jagdinstinkt eines gestandenen Journalisten wecken. Bleibt nur die Frage, wie der Journalist am besten vorgeht. In einem zweiteiligen Beitrag verraten wir sieben Tipps für die Recherche bei heiklen Themen.
Hier ist Teil 2!:
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Inhalt
Tipp: Selbst recherchieren.
Es dauert oft seine Zeit, bis Behörden und andere öffentliche Stellen Presseanfragen beantworten. Das gilt vor allem dann, wenn sich die Frage auf ein heikles Thema bezieht oder gar Versäumnisse und Missstände in den eigenen Reihen aufgedeckt werden könnten.
Der Journalist sollte die Zwischenzeit deshalb nutzen, um selbst vor Ort zu recherchieren. Fotos, Videos, Augenzeugenberichte und Aussagen von Betroffenen können zu äußert hilfreichen Materialien werden, wenn es gilt, Behauptungen und Sachverhalte zu untermauern oder andersherum zu widerlegen. Auch die Einschätzungen von ausgewiesenen Experten können dabei helfen, Sachverhalte aufzuklären, Hintergründe nachzuvollziehen und Zusammenhänge zu erkennen.
Bei sehr heiklen Themen, bei denen der Journalist befürchten muss, dass die Frage nach dem Wahrheitsgehalt einzelner Aussagen zu einem Rechtsstreit führen könnte, sollte er die entsprechenden Interviewpartner um eine eidesstattliche Erklärung bitten. Dadurch sichert er sich ab.
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Tipp: Presseanfragen mit eigenem Recherchematerial anreichern.
Pressestellen, die gewisse Anfragen lieber nicht beantworten möchten, erklären häufig, dass sie sich in dieser Sache derzeit nicht äußern können. Und als Begründung werden beispielsweise laufende Gerichtsverfahren, verwaltungsinterne Prüfungen oder ein Bearbeitungstand, der noch keine Aussagen zulässt, angeführt. Manchmal erklärt die Pressestelle auch schlichtweg, dass sie für diese Angelegenheit nicht zuständig ist.
In solchen Fällen sollte der Journalist prüfen, ob etwas an den Erklärungen dran ist. Es kann in der Tat sein, dass einige Fragen zum aktuellen Zeitpunkt nicht beantwortet werden können. Doch weit häufiger sind solche Erklärungen nur Ausreden. Hinzu kommt, dass sich die Öffentlichkeit keineswegs nur für Ergebnisse interessiert. Ganz im Gegenteil gehört zu einer umfassenden Berichterstattung gerade auch, darüber zu informieren, wie sich ein Sachverhalt entwickelt. Andernfalls könnten die Medien beispielsweise erst dann über eine juristische Auseinandersetzung berichten, wenn die oberste Instanz ein rechtskräftiges Urteil gesprochen hat.
Der Weg bis zu diesem Urteil, der sich gerne über mehrere Jahre erstreckt und die Entscheidungen der vorhergehenden Instanzen beinhaltet, würde hingegen nie in den Medien auftauchen. Natürlich können sich Entscheidungen verändern und selbstverständlich kann sich ein Sachverhalt ganz anders entwickeln, als zunächst gedacht. Doch dann ist es eben Aufgabe der Medien, über die einzelnen Etappen und Kehrtwenden bei amtlichen, gerichtlichten, politischen, wirtschaftlichen oder wirtschaftlichen Angelegenheiten zu berichten.
Bleibt aber die Frage, wie der Journalist zu Informationen kommt, wenn die Pressestelle seine Anfrage zurückweist. Ein guter Ansatz kann sein, eigenes Recherchematerial einfließen zu lassen.
So kann der Journalist auf Fotos oder ein Video verweisen, welches er als Anlage bei einer erneuten Presseanfrage beilegt. Oder er kann Aussagen von Betroffenen, Berichte von Augenzeugen oder Einschätzungen von Experten zitieren. So manche Pressestelle sieht sich nämlich dazu veranlasst, Behauptungen richtigzustellen, Vorwürfe zu erklären oder Aussagen mit Fakten zu unterlegen, wenn sie mit konkreten Sachverhalten konfrontiert wird.
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Tipp: Den Nutzen der Auskunft vermitteln.
Natürlich äußert sich eine Pressestelle nur ungern zu Sachverhalten, die heikel oder schwierig sind. Doch auch bei solchen Presseanfragen gibt es zwei Seiten. Die eine Seite ist, dass die angefragte Stelle letztlich kaum oder gar keinen Einfluss mehr auf die Berichtserstattung nehmen kann, wenn sie die Anfrage unbeantwortet lässt.
Sie muss also in Kauf nehmen, dass ihr nur die Rolle des Beobachters bleibt, der die Berichterstattung wie ein Außenstehender mitverfolgen muss. Die andere Seite ist, dass sich die Stelle durch eine Beantwortung der Fragen die Chance wahrt, mit einem blauen Auge davonzukommen. Tritt sie die Flucht nach vorne an, räumt sie Fehler ein und kommuniziert sie das Geschehen transparent, kann sie den drohenden Unmut der Betroffenen vielleicht etwas abfedern oder sogar verlorenes Vertrauen zurückgewinnen.
Der Journalist sollte also versuchen, einen zögerlichen Ansprechpartner davon zu überzeugen, dass dieser selbst am meisten davon profitiert, wenn er sich zu der Angelegenheit äußert. Dazu kann der Journalist auch verdeutlichen, dass ihm wichtig ist, alle Seiten zu hören und allen Beteiligten die Chancen zu geben, Stellung zu beziehen.
Von dieser Vorgehensweise haben alle etwas. Denn der Journalist kennt die Fakten und kann bei seiner Berichtserstattung verschiedene Blickwinkel berücksichtigen. Die Betroffenen haben das gute Gefühl, dass es keine Vorverurteilungen gab, sondern ihre Ansichten gehört wurden. Und die Öffentlichkeit kann sich ihr eigenes Bild machen. So können selbst heikle Themen zu konstruktiven Diskussionen führen.
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Tipp: Auskunftsklage als letzte Lösung in Betracht ziehen.
Wenn gar nichts mehr hilft und eine Pressestelle ihre Informationspflicht eisern ignoriert, bleibt als letztes Mittel nur noch die Auskunftsklage. Dabei reicht es mitunter schon aus, wenn der Journalist die Klage ankündigt, falls die Pressestelle auch eine letzte Frist tatenlos verstreichen lässt.
Führt kein Weg an einer Klage vorbei, ist das Verwaltungsgericht an dem Ort zuständig, an dem die Behörde oder öffentliche Stelle sitzt. Sind ein gesteigertes öffentliches Interesse und ein starker Gegenwartsbezug gegeben, kann die Auskunftsklage als Eilantrag eingereicht werden. Der Eilantrag stellt sicher, dass es zeitnah zu einer gerichtlichen Entscheidung kommt.
Ansonsten genügt es, wenn die Auskunftsklage mit einem grundsätzlichen öffentlichen Interesse an den Informationen, die die Beklagte bislang verweigert hat, begründet wird. In der ersten Instanz wird der Streitwert für ein solches Verfahren meist mit 1.000 Euro angesetzt. Kann der Journalist dem Gericht darlegen, dass die Beklage nach dem jeweiligen Landespressegesetz dazu verpflichtet gewesen wäre, die angefragte Auskunft zu erteilen, und gibt ihm das Gericht Recht, trägt die Beklagte die Kosten des Verfahrens.
Rechtsexperten gehen davon aus, dass Behörden und andere Institutionen jedes Jahr mehrere hunderttausend Euro für Anwalts- und Gerichtskosten in Kauf nehmen, nur um Journalisten und auch Bürgern Auskünfte zu verwehren. Offizielle Zahlen dazu gibt es zwar nicht. Allerdings zeigt die Praxis, dass ein Großteil der Auskunftsklagen zugunsten der Kläger entschieden wird und somit die Gerichte in letzter Konsequenz dazu beitragen, eine Mauer des Schweigens zu durchbrechen.
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Thema: 7 Tipps für die Recherche bei heiklen Themen, 2. Teil
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