6 Tipps für einen gelungenen Liveblog

6 Tipps für einen gelungenen Liveblog

Unter gestandenen Journalisten sind Liveblogs nicht unbedingt beliebt. Die einen vermissen den journalistischen Anspruch, aktuelle Meldungen ansprechend aufbereitet und wohlklingend formuliert in interessanten Artikeln zu veröffentlichen.

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Andere stellen in Frage, dass die Leser mit Kurzmeldungen in Echtzeit überschüttet werden möchten, zumal viele Nachrichten in Tickern oft gar keine wirklichen Neuigkeiten liefern. Wieder andere bemängeln, dass bei einem Liveblog Meldungen mehr oder weniger willkürlich veröffentlicht werden, ohne sie nach Relevanz auszuwählen und mitunter ohne zuvor den Wahrheitsgehalt zu prüfen.

Solche Kritik wird dem Liveblog aber nicht gerecht. Ein Liveblog hat nämlich durchaus das Potenzial, Interessantes zu kommunizieren, über Hintergründe aufzuklären, Ereignisse einzuordnen und zu unterhalten. Voraussetzung dafür ist aber, dass ein paar Spielregeln eingehalten werden.

Die folgende Übersicht verrät sechs Tipps für einen gelungenen Liveblog:

Tipp 1: Echte Nachrichten zur richtigen Zeit

Ein Liveblog bietet sich dann an, wenn zu erwarten ist, dass ein bestimmtes Ereignis eine gewisse Zeit lang zum Hauptthema in den Nachrichten werden wird. Gleichzeitig muss es sich um ein Ereignis handeln, bei dem es vermutlich innerhalb kürzester Zeit immer wieder Neuigkeiten, Hintergrundinfos und Wendungen geben wird.

Ein solches Ereignis kann beispielsweise ein Gerichtsverfahren sein, das die Öffentlichkeit bewegt und von einem breiten Publikum mit großem Interesse verfolgt wird. Der Liveblog kann dann über alles berichten, was mit dem Gerichtsverfahren zusammenhängt. Er kann darüber informieren, was sich im Gerichtssaal abspielt, wie die Beteiligten auftreten und welchen Eindruck sie machen.

Er kann die Stimmung im Saal und vor dem Gerichtsgebäude schildern. Außerdem kann er über die Vorgeschichte und Hintergründe informieren, Stimmen einfangen und relevantes Fachwissen über beispielsweise rechtliche Grundlagen, Gesetze und Strafmaße einfließen lassen. Allerdings muss auch ein Liveblog selektieren.

Ein gelungener Liveblog kennzeichnet sich dadurch, dass er dann berichtet, wenn etwas geschehen ist oder Infos aufgetaucht sind, über die es sich zu berichten lohnt. Nicht jede Meldung ist es wert, im Liveblog veröffentlicht zu werden. Auf eine Meldung nach dem Motto, dass sich an der Sachlage nichts verändert hat und es nichts Neues gibt, kann auch im Liveblog getrost verzichtet werden.

Tipp 2: Keine bloße Nacherzählung

Um beim vorherigen Beispiel zu bleiben: Ein spektakulärer Gerichtsprozess wird oft im Fernsehen und im Internet übertragen. Das Fernsehen, das Radio und alle Zeitungen berichten darüber.

Wer sich für den Prozess interessiert, hat somit genug Möglichkeiten, um sich zu informieren. Wozu dann noch ein Liveblog? Wenn der Liveblog nur das nacherzählt, was sich gerade abspielt und was jeder Interessierte ohnehin mitbekommt, ist er tatsächlich überflüssig.

Ein gelungener Liveblog bietet jedoch mehr. Er übernimmt die Funktion des sogenannten Second Screen, ergänzt das, was der Leser gerade sieht, durch zusätzliche Infos, Kommentare, Meldungen und Analysen. Ein gelungener Liveblog blickt somit hinter die Kulissen und der Journalist informiert über das, was zwischen den Zeilen steht.

Im Fall des Gerichtsverfahrens geht es dann nicht nur darum, wer gerade was im Gerichtssaal sagt. Stattdessen informiert der Liveblog darüber, wie etwas gesagt wird, welche Bedeutung diese Aussage hat, welche Folgen sie haben könnte und warum gerade diese Aussage ein entscheidender Wendepunkt für den gesamten Prozess sein kann. Außerdem kann der Liveblog Basiswissen vermitteln, beispielsweise wie ein Tag bei Gericht eigentlich abläuft.

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Tipp 3: Kein eintöniger Einheitsbrei

Ein Liveblog, bei dem sich schnöde Agenturmeldungen im immer gleichen Stil lieblos aneinanderreihen, wird keinen Leser begeistern. Besteht die Absicht hingegen darin, ausführlich über ein Thema zu berichten oder andersherum nur grundlegende Informationen zu kommunizieren, sind andere journalistische Formate wie der klassische Zeitungsartikel, der Bericht, die Reportage oder die knappe Meldung besser geeignet.

Ein gelungener Liveblog kennzeichnet sich dadurch, dass er bunt, lebendig und vielfältig ist. Ideal ist es, wenn zwei oder mehr Journalisten mitwirken. So kann ein Journalist beispielsweise im Gerichtssaal sitzen, ein zweiter Journalist fängt die Stimmung vor dem Gerichtsgebäude ein und ein dritter Journalist agiert von der Redaktion aus und liefert Daten, Fakten und Hintergründe.

Tipp 4: Der richtige Tonfall

Vom Stil her sind die Beiträge in einem Liveblog weniger mit klassischen Nachrichtenmeldungen, sondern eher mit Kommentaren oder Kolumnen zu vergleichen. So sind neben reinen, neutralen Informationen durchaus auch kleine Randanekdoten, amüsante Scherze oder flapsige Bemerkungen erlaubt. Trotzdem muss ein Niveau beibehalten werden, das zum Medium passt.

Eine Boulevardzeitung kann sich sicher einen lockereren und lässigeren Tonfall erlauben als eine seriöse Zeitung mit einem recht konservativen Leserkreis. Insgesamt bietet es sich an, sich am üblichen Stil des Mediums zu orientieren.

Eine Formulierung, die in einem herkömmlichen Artikel in der gedruckten Ausgabe fehl am Platze wäre und so sicher nicht veröffentlicht werden würde, sollte auch im Liveblog außen vor bleiben.

Tipp 5: Die journalistische Sorgfaltspflicht

Ein Liveblog lebt davon, dass eingegangene Meldungen aufgearbeitet und möglichst schnell in den Ticker eingebettet werden. Trotzdem darf der Journalist nicht alles veröffentlichen, was er irgendwo aufgeschnappt hat oder was ihm gerade durch den Kopf schießt.

Nur weil ein Liveblog mit News befüllt werden will, heißt das nicht, dass die journalistische Sorgfaltspflicht außer Kraft gesetzt ist. Auch beim Liveblog gehört es also zu den grundlegenden Aufgaben des Journalisten, abzuwägen, ob eine Meldung wichtig genug ist, um veröffentlicht zu werden, und die Meldung auf ihren Wahrheitsgehalt hin zu prüfen.

Tipp 6: Die Übersichtlichkeit

Ein Liveblog soll informieren, unterhalten, erläutern und dem Leser helfen, das Geschehen einzuordnen. Dies wird nicht gelingen, wenn irgendwelche Nachrichtenfetzen in willkürlicher Reihenfolge veröffentlicht werden. Der Leser wird sich in einem solchen Meldungschaos nicht zurechtfinden und es schwer haben, die entscheidenden Neuigkeiten überhaupt herauszufiltern.

Ein gelungener Liveblog braucht also eine klare und übersichtliche Struktur. Hierzu gehören aussagekräftige Überschriften und Meldungen, die sich inhaltlich und optisch klar von Randbemerkungen unterscheiden. Sinnvoll können auch Zwischenüberschriften sein, die dem Leser dabei helfen, die Einträge zeitlich einzuordnen und sich einen schnellen Überblick zu verschaffen.

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Hier schreiben Wolfgang Stocker, freier Journalist, Sabine Lankmann, - Inhaberin Medienagentur, Heiko Rieder, 44 Jahre - Journalist und Christian Gülcan - Inhaber Artdefects Media Verlag (2009 Presseausweis/ DJV) und Ferya Gülcan - Inhaberin Onlinemedien-Agentur. Wir möchten Wissenswertes über die Pressearbeit und Journalismus vermitteln, sowie einen Überblick über die Medienlandschaft in Deutschland geben.

Ein Gedanke zu „6 Tipps für einen gelungenen Liveblog“

  1. Wir sind gerade dabei, einen Liveblog zu starten, aber sind natürlich auf eine Menge Hürden gestoßen, wie das bei unbekannten Dingen nun mal so ist.
    In unserer Branche wird vor allem die Sorgfaltspflicht schwierig einzuhalten, da es leider kaum News gibt… naja, wird schon früher oder später klappen!

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